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Förderung der Moralkompetenz mit Diskussions-Theater und
Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion ®

us sp Home | Stand: 12.1.2020

 

Veröffentlichungen zur KMDD

 

Diskussionstheater -- Eine neue Theaterform für die Demokratie; Skript

 

Ausbildung zum zertifizierten KMDD-Lehrer & Trainer: Flyer / Kurse /

 

Certified KMDD-Teachers ("restrikted aksess": kmdd kurs, kohlberg)

 

Teilnehmer urteilen über die KMDD ... mehr


Medien über die KMDD ... mehr

 

Einsatz im Fachunterricht ... mehr

 

Die KMDD an der Medizinischen Hochschule von Monterrey, Mexiko ... mehr

 

Videos*

*(ID = "kmdd kurs", pw = "kohlberg")

 

Literatur zu und über die KMDD ... mehr

 

Bilder von KMDD Workshop- Seminaren

 

® Die KMDD ist als Marke bei der WIPO registriert, Marke Nr. 1161715

 

2019

 

Inhaltsverzeichnis

 

Das Wichtigste auf einen Blick

 

Die Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion (KMDD)® bzw. das Diskussions-Theater wurde entwickelt, um die moralisch-demokratische Kompetenz (kurz: Moralkompetenz) zu fördern. Moralkompetenz ist definiert als die Fähigkeit, Probleme und Konflikte durch Denken und Diskussion zu lösen, statt durch Ignorieren, Gewalt und Betrug oder durch Unterwerfung unter eine Autorität (Lind 2019 a). Genauso wie wir unsere Muskeln am besten dadurch trainieren, indem wir sie benutzen, fördern wir auch unserer moralisch-demokratische Kompetenz am besten, indem wir sie anwenden. Die KMDD bietet den Teilnehmern die Gelegenheit, ihre Moralkompetenz anzuwenden und damit auch zu entwickeln – allerdings nur, wenn sie von gut ausgebildeten und zertifizierten KMDD-Lehrpersonen dargeboten wird.
Die KMDD wurde auf der Grundlage gesicherter Erkenntnisse aus vielen Jahren Grundlagenforschung entwickelt (Piaget 1963/1932; Kohlberg 1984; Lind 2019a; 2019b):

  • Moralische Fähigkeit und Orientierung (Kognition und Emotion) sind zwei verschiedene Aspekte oder Eigenschaften des menschlichen Verhaltens. Sie sind keine getrennten Komponenten, die sich wie Dinge voneinander trennen lassen. Sie sind beide notwendig, damit sich Menschen moralisch verhalten können.
  • Während moralische Orientierungen wie das Streben nach Freiheit, Gerechtigkeit, Zusammenarbeit und Wahrheit angeboren sind, muss die moralische Kompetenz sich entwickeln.
  • Die Anwendung moralischer Orientierungen, Einstellungen, Werthaltungen oder Prinzipien führt oft zu Entscheidungskonflikten (Dilemmas), deren Lösung moralische Kompetenz erfordern. Wie viele Studien zeigen, wird in der Tat unser Verhalten um so eher von moralischen Erwägungen gelenkt, desto höher unsere Moralkompetenz ist.
  • Wenn wir wollen, dass Menschen sich moralisch, also gemäß ihrer moralischen Orientierungen verhalten, müssen wir die Entwicklung ihrer Moralkompetenz fördern.
  • Die größten Hemmnisse für die Entwicklung von Moralkompetenz sind zum einen der Mangel an geeigneten Aufgaben, was meist durch Zeitmangel und Verbote bedingt ist. Zum anderen ist es die Weigerung, sich aus Angst vor Versagen solchen Aufgaben zu stellen.

Die KMDD bietet geeignete Aufgaben für die Entwicklung der individuellen Moralkompetenz (vor allem: die Beschäftigung mit Dilemmas und die Konfrontation mit Gegenargumenten und Andersdenkenden). Zudem verhindert diese Methode, wenn richtig angewendet, Versagensangst, wie sie durch zu schwere Aufgaben oder durch Sanktionen von Autoritäten ausgelöst werden kann.

 

 

Wichtiger Hinweis

 

Wirksame Unterrichtsmethoden können immer auch unerwünschte Effekte haben, vor allem wenn sie nicht von einer darin ausgebildeten Expertenperson eingesetzt wird. Nur unwirksame Methoden sind gefahrlos. Damit sie wirksam ist, muss eine Dilemmadiskussion moralische Emotionen auslösen. Wenn aber bei den Teilnehmern zu starke Emotionen ausgelöst werden, besteht die Gefahr, dass der Lerneffekt ausbleibt und die Methode in Einzelfällen sogar unerwünschte Nebeneffekte hat. Effektives moralisches Lernen setzt eine überprüfte und bewährte Methode, und eine Lehrperson, die gut ausgebildet und zertifiziert ist, das heißt, die versteht, was sie bei den Teilnehmern bewirkt und wie sie die ausgelösten moralischen Emotionen bei allen Teilnehmern auf einem optimalen Niveau hält.

 

 

Registrierung als Marke

 

Zum Schutz der Schüler gegen Schädigung durch eine dilettantische Anwendung der KMDD durch nichtzertifizierte Lehrkräfte und zum Schutz der ausgebildeten und zertifizierten KMDD-Lehrer, die viel Zeit und Geld in ihre Ausbildung investiert haben, sowie zur Sicherung der Qualität dieser Unterrichtsmethode ist die Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion (KMDD)® beim Deutschen Patent- und Markenamt und beim Madrider Protokoll in der EU, der Schweiz, der Türkei und anderen Ländern als geschütze Marke registriert.

 

Diese Marke darf nur von KMDD-Lehrern mit gültigem Zertifikat für Werbung benutzt werden (siehe Flyer). Das heißt, KMDD-Kurse dürfen nur von zertifizierten KMDD-Trainern angekündigt und durchgeführt werden. Studien, die die Wirkung der KMDD als Methode überprüfen, dürfen nur dann behaupten, dass sie die Wirkung der KMDD erfasst haben, wenn die Interventionen von einem zertifizierten KMDD-Lehrer durchgeführt wurden und wenn die Wirkung mit validen Instrumenten zur Messung der Moral- und Demokratiekompetenz wie dem Moralische Kompetenz-Test (MKT) erfasst wurde. ... mehr

 

 


 

 

Anwendungsgebiete

 

Die DT/KMDD kann in allen Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen bei Kinder ab acht Jahren, bei Jugendlichen und Erwachsenen eingesetzt werden. Sie wird im In- und Ausland in Schulen, Hochschulen, berufliche Weiterbildung, Streitkräfte, Gefängnisse und Altersheime im In- und Ausland eingesetzt. Gut ausgebildete und zertifizierte KMDD-Lehrer können bereits mit wenigen Diskussionen einen hohen und nachhaltigen Lernzuwachs bewirken. Für ihr KMDD-Zertifikat müssen die Kandidaten ein intensives Trainingsprogramm absolvieren, praktische Lehrerfahrungen nachweisen und ein Lernportfolio zur Begutachtung einreichen, das u.a. eine ungeschnittene Video-Dokumentation ihrer Lehrfähigkeit und einen experimentellen Nachweis ihrer Lehrwirksamkeit enthält. ... mehr (Passwort: kohlberg)

 

 


Ziel: Förderung der moralischen Kompetenz


Die Förderung moralischer Kompetenz (Urteils- und Diskursfähigkeit) steht im Mittelpunkt der KMDD. Während andere Programme meist die Änderung moralischer Einstellungen, Werthaltungen und Haltungen zum Gegenstand haben, geht es hier um Fähigkeiten im Bereich des moralisch-demokratischen Verhaltens. Bei meiner Forschung stützte ich mich anfangs auf Kohlbergs (1964) Definition von moralischer Urteilsfähigkeit als

"das Vermögen, Entscheidungen und Urteile zu treffen, die moralisch sind, das heißt, auf inneren Prinzipien beruhen und in Übereinstimmung mit diesen Urteilen zu handeln." (p. 425; meine Übersetzung).

Wir haben diese Definition auf der Grundlage von Habermas' Theorie der kommunikativen Ethik um die soziale Dimension erweitert:

Moralkompetenz ist die Fähigkeit, Konflikte auf der Grundlage von universellen moralischen Prinzipien (Gerechtigkeit, Zusammenarbeit, Respekt...) durch Denken und Diskussion zu lösen, statt durch Gewalt, Betrug und Unterwerfung unter Andere. (Lind 2019)

Moralkompetenz wird benötigt, um die Zwickmühlen (Dilemmas, Konflikts) zu bewältigen, in die uns unsere moralischen Ideale bringen, nämlich dann, wenn sie uns nur die Wahl lassen, zwischen zwei gleichermaßen "unmoralischen" Entscheidungen zu wählen.

 

Zudem wird Moralkompetenz benötigt, weil wir immer auch die konkrete Situation berücksichtigen und herausfinden müssen, welches Entscheidung unsere moralischen Prinzipien jeweils konkret verlangen (Kohlberg, 1958, S. 128-129). Mit anderen Worten, die eigenen moralischen Urteile müssen gleichzeitig konsistent in Bezug auf die eigenen Moralprinzipien sein und differenziert in Bezug auf die jeweilige Situation. Da sich moralischen Verhalten meist in sozialen Situationen abspielt und Moral ein genuin soziales Phänomen ist, gehört dazu auch der Diskurs mit anderen Menschen (Habermas, 1983).

 

 

Die Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion (KMDD)

 

Ich habe das KMDD-Ausbildungsprogramm entwickelt, um primär moralisch-demokratische Basisfähigkeiten, wie oben beschrieben, zu fördern. Ich konnte mich dabei auf die umfangreiche und sehr einflussreiche Forschung von Lawrence Kohlberg und seinen Schülern sowie auf über 30 Jahre eigene Grundlagenforschung und mehr als 20 Jahre wissenschaftliche Forschung und praktische Anwendung der Methode in sehr unterschiedlichen Bildungsbereichen stützen. Ich habe die ursprüngliche Methode, wie sie von Moshe Blatt und Lawrence Kohlberg (Blatt & Kohlberg, 1975) entwickelt und eingesetzt wurde, im Laufe der Jahre ständig verbessert und in ihrer Wirksamkeit überprüft. Bereits die Blatt-Kohlberg-Methode zeigte eine erstaunlich hohe Effektivität (Lind, 2002). Sie war eine der wenigen Methoden, die bis dahin experimentell auf ihre Wirksamkeit hin überprüft waren. Aber sie schien mir noch verbesserungsfähig zu sein. Sie stand zudem nicht völlig in Übereinstimmung mit dem schon damals erreichten Stand der Forschung und die mit ihr erreichten Effektstärken ließen noch Raum für deutliche Steigerungen.

 

Zudem wollten wir mit der Erprobung von Variationen der Methode klären, worauf es bei ihr genau ankommt. Welche ihrer Komponenten sind für die Wirksamkeit verantwortlich und welche lassen sich ohne Verlust an Wirksamkeit verändern? Dieses Wissen ist wichtig, wenn die Methode der Dilemma-Diskussion an die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen und Lernkontexte angepasst werden soll. Welche Dilemmas müssen für jüngere, welche für ältere Teilnehmer benutzt werden? Kann eine Dilemmastunde ohne Schaden auch gekürzt oder verlängert werden? Was kann weggelassen, was darf hinzugefügt werden?

 

Durch das Studium der Psychologie lernte ich viele neue Forschungsergebnisse kennen, die für die generelle Verbesserung der Unterrichtsqualität und besonders für die Dilemmamethode selbst gute Ansatzpunkte zu bieten schienen, die aber in der Unterrichtspraxis wenig genutzt wurden. Dies gilt z. B. für das in der Psychologie seit langem bekannte Yerkes-Dodsen-Gesetz, das die Grundlage für die Affektregulation bei der KMDD abgab. Heute kennen wir die entsprechenden hirnphysiologischen Vorgänge im so genannten limbischen System recht detailliert, speziell im rechten Vorderhirnbereich (dorsolateraler präfrontaler Cortex – DLPFC; Prehn et al., 2008), wo so genannte Affekte und Kognitionen koordiniert werden. Andere Befunde, wie die Doppelnatur der Moral (als Ideal und als Fähigkeit), wurden in den letzten drei Jahrzehnten gemacht, also erst nach Entwicklung der Blatt-Kohlberg-Methode. Bahnbrechend war auch das Experiment des Psychologen Lawrence Walker, der zeigen konnte, dass die Auseinandersetzung mit Gegenargumenten ebenso wirksam sein kann wie die Konfrontation mit Argumenten auf einer Stufe über der eigenen (die so genannte “plus-1-Konvention”), worauf sich ja die Methode von Blatt und Kohlberg stützte (Walker, 1986; 1986). Eigentlich, so sagte ich mir damals, müsste die Auseinandersetzung mit jeder Art von Argumenten zu einer Stimulation der moralischen Urteilsfähigkeit führen, so dass auf die aufwendige Konstruktion von plus-1-Argumenten, die kaum konsequent eingesetzt werden konnten, und damit auch auf die starke Präsenz der Lehrperson in der Diskussionsphase verzichtet werden könnte. Mit diesem Durchbruch war die Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion geboren. Sie ist heute eine der wenigen Unterrichtsmethoden, die experimentell überprüft wurden und von der wir daher wissen (und nicht nur vermuten), dass sie sehr effektiv ist (Lind, 2002; Lind, im Druck).

 

Wichtige Anregungen für die vielfältigen Verbesserungen der KMDD in den letzten 20 Jahren verdanke ich den Mitgliedern der Arbeitsgruppe Moral- und Demokratiepsychologie an der Universität Konstanz und den Teilnehmern an zahlreichen Seminare und Workshops für angehende und erfahrene Lehrer und Lehrerinnen. Besonders gilt dies für die Teilnehmer an den intensiven einwöchigen Blockseminaren und Workshops an der Universität Konstanz und an anderen Orten im In- und Ausland.

 

Starke Entwicklungsschübe für die Methode brachten auch verschiedene schulische Erprobungs- und Lehrerfortbildungsprojekte: In den 1980er Jahren habe ich das Erprobungsprojekt Demokratie und Erziehung in der Schule (DES) in Nordrhein-Westfalen angeregt und mit geleitet (Lind & Raschert, 1987); von den damaligen „Mitstreitern” Peter Dobbelstein, Fritz Oser, Sybille Reinhardt, Heinz Schirp und Hans Werner Henk habe ich dabei viele wertvolle Anregungen erhalten. Im Jahr 2003 führte ich im Auftrag der Kultusministerin des Distrikts von Santa Fe de Bogotá (Kolumbien), Cecilia Maria Velez das ca. 100 Stunden umfassende Lehrerfortbildungsprojekt Enseñanza moral y democrática durch. Mehr als 70 Lehrerinnen und Lehrer nahmen daran teil und über 20 von ihnen haben am Ende das KMDD-Lehrer-Zertifikat erworben. Das Bildungsministerium von Kolumbien empfiehlt unsere Methode allen Lehrern des Landes zum Einsatz im Unterricht. Im Rahmen des Fortbildungsprojekts "Bioethik" des Landes Baden-Württemberg führte ich ca. 30 Biologie-Lehrer in die KMDD ein. In Mexiko haben mich die Universidad de Monterrey (UdeM) und das Instituto Technologie y Edukation Superior de Monterrey ( Tech ) beauftragt, ihre Ethik-Professoren in meine integrative Methode der moralisch-demokratischen Bildung einzuführen Die Tec hat es mir auch ermöglicht, das Handbuch “Moral ist lehrbar” bei Trillas, Mexiko, auf Spanisch zu publizieren (Lind, 2007a). Die Medizinische Hochschule des Tec nahm im Jahr 2004 die KMDD in ihr Pflichtcurriculum auf und bietet seitdem für ihre Studenten jährliche KMDD-Veranstaltungen an. Die Bundeswehr erteilte mir den Auftrag, ihre Ausbilder (Offiziere, Truppenpsychologen und Militärgeistliche) zu KMDD-Lehrern fortzubilden (Bergmann, 2007).

 

Dayana Bongermino, Kay Hemmerling, Matthias Scharlipp und ich haben die KMDD im Justizvollzug, in forensischen Einrichtungen erprobt (siehe Hemmerling et al., 2009, Hemmerling, 2014). Sie stößt bei den Insassen auf gute Resonanz. Die Gefängnisleitung hat meinen Mitarbeitern angeboten, das Projekt auszuweiten. Der KMDD-Lehrer Matthias Scharlipp wurde eingeladen, unsere Methode in einer Berliner Brennpunktschule vorzuführen. Er hat sie auch in einem Kurs für Langzeitarbeitslose eingesetzt. DerAutor hat eine Dilemmadiskussion in einem Seniorenheim durchgeführt. In all diesen Fällen wurde die KMDD sowohl von den Teilnehmern wie auch von den Lehrern bzw. Leitern der Einrichtungen sehr positiv aufgenommen. Professor Ewa Nowak von der Universität Poznań hat damit begonnen, die Konstanzer Methode als ein Ausbildungsfach an ihrer Universität zu etablieren. Wir haben dazu gemeinsame Tagungen und Seminare durchgeführt. Heidi Gehrig, die Initiatorin des Schulentwicklungsprojekts Prisma im Alleeschulhaus Wil, SG und vormalige Schulleiterin dieser Schule (www.primsa-wil.ch) kooperiert seit Jahren mit uns. Sie hat an ihrer Schule im 2001 Just Community eingeführt und seit drei Jahren arbeiten sie und andere Lehrpersonen im Alleeschulhaus mit Dilemmadiskussionen. Ihre Schule hat im November 2006 den Pestalozzipreis gewonnen. Der Preis wird in der Schweiz alle zwei Jahre für "Kinderfreundlicher Lebensraum" vergeben. Die Prisma-Schule erhielt den Preis vor allem für ihre Schulkultur und für das Anstreben einer "Gerechten Schulgemeinschaft". Über weitere Projekte, sowie Meinungen und Medienberichte zur KMDD informiert: https://www.uni-konstanz.de/ag-moral/moral/ KMDD_rueckmeldung.htm

 

Aus diesen vielfältigen praktischen Arbeiten mit der KMDD haben sich nicht nur neue Anwendungsgebiete erschlossen, sondern auch die Methode selbst hat davon stark profitiert. Noch klarer als bisher haben wir zu verstehen gelernt, dass drei psychologischen Prinzipien, die im Buch ausführlicher dargestellt werden, ausschlaggebend für die Wirksamkeit dieser Unterrichtsmethode sind:

  • Erstens, das Prinzip der Gleichwürdigkeit (Juul, 2005) aller am Lernprozess Beteiligten, das ist das Prinzip der demokratischen Lerngemeinschaft, welches in der kommunikativen Ethik von Jürgen Habermas (1983) und Karl-Otto Apel (1990) angelegt ist und das Lawrence Kohlberg und seine Kollegen Ann Higgins, Clark Power, Fritz Oser und andere mit dem Konzept der demokratischen Schulgemeinschaft ( Just Community -Schule; Power et al., 1989; Oser et al., 2008) auf der Ebene der Schulorganisation umzusetzen versuchten. Wir haben erkannt, dass dieses Prinzip nicht angemessen verstanden wird, wenn es auf die Teilhabe weniger Schüler an Willensbildungsprozessen der Schule oder politischer Körperschaften begrenzt wird, wie das bisher meist versucht wird. Ein „stellvertretendes“ Lernen von Demokratie kann es nicht geben; sie muss von jedem Individuum direkt erfahren und aktiv gelernt werden.
    Diese Einsicht ist nicht neu. Bereits der große Rechtsphilosoph Gustav Radbruch (1878-1949) merkte dazu in seinen Überlegungen zur „Erziehung Jugendlicher zum Rechtssinn“ an: „Bloße Schullehre freilich wird solchen Rechtssinn nicht übermitteln können. Er muss im Schulleben selbst sichtbar gemacht werden. (...) Der Lehrer braucht seine Schüler nur erleben zu lassen, was sie täglich und stündlich leben, ihnen nur bewusst machen, was sie unbewusst empfinden, nur mit ihnen folgerichtig durch­zudenken, was sie elementar fühlen, um ihnen die Fragen des Rechts und der Gerechtigkeit zu lebendiger Anschauung zu bringen. Wie weit es möglich und erwünscht ist, diesen Arbeitsunterricht des Rechts und der Gerechtigkeit in organisatorische Formen zu bringen (...) [D]as zu erörtern ist nicht meines Amtes (...) sondern [der] kundigen Pädagogen“ (Radbruch, 1987, S. 213).
    Dem Prinzip der Gleichwürdigkeit und des Erlebbar-Machens von Demokratie und Moral kommen wir also einen großen Schritt näher, wenn es
    wie bei Kohlbergs Just Community -Schule gelingt, Kinder an Entscheidungen über das Schulleben zu beteiligen. Aber auch dies genügt nicht. Es muss uns auch gelingen zu vermitteln, dass Demokratie als moralische Grundlage für das alltägliche Leben taugt, wie John Dewey (1964/1915) fordert: „Die Demokratie ist mehr als eine Regierungsform; sie ist in erster Linie eine Form des Zusammenlebens, der gemeinsamen und miteinander geteilten Erfahrung“ (S. 121). Wer erfahren hat, dass sich auch gewaltfrei streiten lässt, dass auch heikle Themen offen angesprochen werden dürfen und andere einem zuhören; wer bemerkt, dass er es sogar fertig bringt, Gegnern aufmerksam zuzuhören und dass er dabei erlebt, wie er aus der Auseinandersetzung mit ihnen großen Gewinn für sein eigenes Denken und Handeln ziehen kann, ist ganz anders in der Demokratie verwurzelt, als jemand, der sie lediglich als abstrakten Begriff oder als Abstimmungsverfahren kennen gelernt hat (Lind, 2006b; 2006c; 2008a).

Teilnehmer versichern uns immer wieder wie wohltuend Dilemma-Diskussion nach der KMDD-Methode sind und wie sie selbst gewillt sind, diese Methode als Modell für zukünftige Diskussionen über strittige Themen heranzuziehen. Um das Erleben von Gleichwürdigkeit wenigstens für die Zeitspanne einer Dilemma-Diskussion zu ermöglichen, haben wir das – aus der Sicht der Schüler – größte Risikopotential für eine demokratische Lerngemeinschaft, die Lehrperson, in ihrem Aufgabenkreis begrenzt. In der Plenumsdiskussion tritt sie nur noch als aufmerksamer Zuhörer und Wächter über die beiden Diskussionsregeln in Aktion (dazu mehr Lind, 2009, S. 77 ff.).

  • Das zweite grundlegende Prinzip der KMDD bezeichnen wir als konstruktivistisch . Wir verstehen darunter zwei Dinge: erstens die Einsicht, dass jedes Lernen ein Konstruieren ist, das heißt, dass Menschen neues Wissen nie passiv aufnehmen und verinnerlichen, sondern dass Lernen ein aktiver Vorgang ist. Das bedeutet, dass wir das, was die Umwelt uns zum Lernen anbietet, immer auf der Grundlage der eigenen Interessen auswählen und immer nur auf der Grundlage des bisher Gelernten verstehen können. Dies gilt auch und gerade für moralisches Lernen. Wir müssen also davon ausgehen, dass Menschen unter „Moral“ und „Demokratie“ und anderen moralisch-demokratischen Konzepten nicht immer dasselbe verstehen, sondern dass sie je nach Entwicklungsstand und Erfahrungen voneinander abweichende Auffassungen haben. Zweitens erinnert uns das Wort „konstruktivistisch“ daran, dass Moral und Demokratie keine Dinge sind, die unabhängig vom Menschen draußen in der Natur existieren, sondern dass sie von uns – als einzelnem Menschen wie als Menschheit – konstruiert sind. Wir sehen und erleben sie nur, weil wir diese moralischen Ideale im Kopf haben. Daher gibt es kein moralisches Dilemma an sich; vielmehr liegt es im Auge des Betrachters (Lind, 2006a). Das Verhalten, das wir beobachten, ist nicht für sich genommen moralisch oder unmoralisch, sondern es wird dazu durch unser Urteil. „Konstruiert“ heißt natürlich nicht willkürlich erfunden oder völlig ins Belieben eines jeden Einzelnen gestellt. Da Moral und Demokratie eine wichtige Grundlage für das vorausschauende Handeln und für das Zusammenleben mit anderen sind, müssen diese Konstruktionen, wie Dewey sagt, durch gemeinsame Erfahrungen und Diskussionen „ko-konstruiert“, das heißt zusammengeführt und aufeinander abgestimmt werden (Lind, 2006; Lind, 2008). Demokratie, so Dewey, ist damit nicht nur das Ziel der demokratischen Erziehung, sondern auch deren Grundlage.
    Wir haben daher in der Methode der KMDD eine Phase der „Dilemmaklärung“ eingeführt und diese zunehmend ausgeweitet, um den Lernenden Gelegenheit für ein gemeinsames Erleben von unterschiedlichen Moral- und Demokratie-„Konstruktionen“ geben. Um keine vorzeitige Diskussion auszulösen, haben wir inzwischen die frühe Frage nach der Richtigkeit der Handlung auf dem Dilemma-Handout gestrichen (diese Frage wird jetzt zum ersten Mal bei der Abstimmung über das Dilemma gestellt). Auch hat es sich als sinnvoll erwiesen die Stillphase auf fünf bis sechs Minuten auszudehnen. Ich habe den Eindruck, dass dadurch auch die Qualität der nachfolgenden Diskussion sehr gewonnen hat.
  • Das dritte KMDD-Prinzip ist das der Affektregulation , die zunächst von außen wirkt, indem sich in der KMDD Phasen der Herausforderung (und damit der Erregungssteigerung) mit Phasen der Unterstützung (Beruhigung) ständig abwechseln. Diese Phasen dauern jeweils zehn bis dreißig Minuten. Sie halten das Erregungsniveau der Teilnehmer auf einem mittleren, für Lernprozesse besonders günstigen Niveau. Wir wissen schon lange, dass Lernen nicht stattfindet, wenn der individuelle Erregungszustand zu niedrig ist, wie etwa im Schlaf oder bei großer Langeweile, und ebenso wenig, wenn er zu hoch ist, wie etwa bei starker Angst oder bei überschwänglicher Freude. Mit einem leichten Verlängern und Verkürzen dieser Phase gelingt es einem erfahrenen KMDD-Lehrer, den Erregungszustand einer ganzen Gruppe in einem optimalen „Lernfenster“ zu halten. In mehr als zwanzig Jahren habe ich es weder erlebt, dass während einer Dilemma-Diskussion jemand eingeschlafen wäre oder sich auch nur über längere Zeit innerlich von dem Geschehen abgewandt hätte, noch dass es zu einer Übererregung oder zu Aggressionen gekommen wäre. (Es ist aber nicht auszuschließen, dass unausgebildeten Lehrkräften so etwas passieren könnte. Daher ist es auch so wichtig, sich für diese Methode gründlich ausbilden zu lassen.) Der kompetente und verantwortungsvolle Umgang mit Affekten und Emotionen stellt hohe Anforderungen an das Können des Lehrers. Der geschickte Einsatz dieser Phasenwechsel ist daher ein sehr wichtiger Teil unseres Ausbildungsprogramms für KMDD-Lehrer.
    Der Einsatz des Lehrers wird gut belohnt. Ich bemerke immer wieder, wie die zunächst rein äußere Regulation der Affekte durch die Methode des Phasenwechsels bei vielen Teilnehmern zu einer Innensteuerung wird (Lind, 1989; 1998). „Wenn man im Streit etwas gelassener wird und den anderen auch ausreden lässt, dann ist das viel besser“ sagte eine Schülerin am Ende einer KMDD-Stunde.

Die KMDD ist eine der wenigen Unterrichtsmethoden, die experimentell überprüft wurden und von der wir wissen (und nicht nur vermuten), dass sie sehr wirksam ist (Lind, 2002). In den vergangenen Jahren konnte die Wirksamkeit der KMDD weiter gesteigert werden. Auf der C-Skala, die von 0 bis 100 reicht, ist sie von anfänglich vier bis zehn C-Punkten mittler­weile auf 10 bis 17 Punkte pro Jahr gestiegen, wobei diese Schätzung eher konservativ ist. Schon mit einer einzigen Dilemma-Diskussion kann es manchmal gelingen, fünf und mehr C-Punkte Zuwachs zu bewirken, allerdings nur dann, wenn sie von einem gut ausgebildeten und erfahrenen Senior KMDD-Lehrer durchgeführt wird. Die hohe Effektivität der Konstanzer Methode wurde inzwischen in einem sorgfältig angelegten Interventions-Experiment mit Hochschulstudenten in Thailand bestätigt, bei der die Teilnehmer nach Zufall auf die Experimental- und die Kontrollgruppe aufgeteilt wurden (Lerkiatbundit et al., 2006). Diese Befunde sind umso bedeutsamer, da der MKT vergleichsweise stabile Werte liefert. Lerkiatbundit und Kollegen berichten von einer Reliabilität von über r = 0.90. Eine US-Studie demonstrierte experimentell, dass diese Stabilität nicht auf Kosten der Sensitivität dieses Instruments für Lernprozesse geht. Der Messwert des MKT, der C-Wert, zeigt diese Prozesse deutlicher als andere Tests der Moralentwicklung an (Kim, 2006; siehe auch Lind, 2002, S. 206-208).

 

Natürlich fördert auch Bildung generell die moralisch-demokratischen Fähigkeiten (Lind, 2002), wenn auch meist im geringeren Maße als dies mit Methoden wie der KMDD möglich ist. Neue Studien zeigen aber, dass nicht jede Art von Bildung förderlich ist, sondern nur qualitativ hochwertige Bildung dazu in der Lage ist. Ein guter Indikator für die Qualität von Bildung sind die Gelegenheiten zur Verantwortungsübernahme und angeleiteten Reflexion, die sie den Lernenden bietet (Lind, 2000a; 2000b; Schillinger, 2006).

 

Seit der ersten Auflage meines Handbuches "Moral ist lehrbar" haben sich neue Anwendungsgebiete für die KMDD ergeben. Neben Sekundarschule, Hochschule und Erwachsenenbildung, den bisherigen Haupteinsatzbereichen, sind weitere Bereiche, wie Grundschulen, Bundeswehr, Gefängnisse, psychiatrische Anstalten, Brennpunktschulen und Seniorenheime getreten. Wie Zierer (2005) zeigt, haben schon Grundschüler Spaß an der Diskussion moralischer Dilemmas und weisen deutliche Zuwächse an moralischer Urteilsfähigkeit auf. Ich habe inzwischen auch selbst Dilemma-Diskussionen in Grundschulen durchgeführt, eine sogar schon zum Ende der zweiten Klasse, ohne dass das Format der KMDD prinzipiell verändert werden musste. Eine dieser Dilemma-Diskussionen von Grundschülern wurde vom Bayrischen Fernsehen dokumentiert und ausschnittweise gesendet. Über eine andere berichtete der Deutschlandfunk (2008).

 

Durch die Ausweitung der praktischen Anwendung der KMDD sowie durch zahlreiche Einladungen zu Beiträgen auf Tagungen und in thematisch einschlägigen Sammelpublikationen ergaben sich vielfältige Fragen zu den psychologischen Grundlagen der KMDD, zur „Zwei-Aspekte Theorie des moralischen Verhaltens“ und zur „Bildungstheorie der Moralentwicklung“. Die dadurch ausgelöste Forschung hat uns ein gutes Stück vorangebracht, was wiederum Auswirkungen auf die KMDD gehabt hat. Die Unterscheidung von zwei Aspekten des Moralverhaltens, nämlich von moralischen Orientierungen (affektiver Aspekt) auf der einen und von moralisch-demokratischen Fähigkeiten (kognitiver Aspekt) auf der anderen Seite, war von Anfang an eine Grundlage der KMDD. Wir haben erkannt, dass die Frage, ob Menschen gut oder böse sind, falsch gestellt ist. Denn bezüglich des einen Aspekts – ihrer Ideale – sind (fast) alle Menschen gut, bezüglich des anderen Aspekts – ihrer Fähigkeit, diese Ideale auch unter schwierigen Umständen in die Tat umzusetzen – versagen sie oft (Lind, 2006d; 2008a). Moralische und demokratische Ideale können leicht proklamiert und akzeptiert werden. Aber wenn es darauf ankommt, sie im Alltag anzuwenden, wenn z. B. unklar ist, worin eine gerechte Lösung oder wahre Achtung besteht, oder wenn wir uns in einer Zwickmühle befinden, in der jede Lösung das Übertreten eines uns wichtigen Ideals bedeutet, dann ist sehr schwer, gut zu sein. Man muss erst lernen, die eigenen Ideale auch unter schwierigen Umständen zu praktizieren und moralische Dilemmas so zu lösen, dass sie von allen Beteiligten als gerecht akzeptiert werden können. Bei diesem schwierigen Lernprozess können und müssen wir Kindern und oft auch Erwachsenen helfen, am effektivsten, wie wir gesehen haben, durch die Auseinandersetzung mit „edukativen“ Moraldilemmas, wie wir sie bei der KMDD einsetzen.

 

Der Konstruktion und dem Einsatz solcher edukativen Moraldilemmas schenken wir inzwischen noch größere Aufmerksamkeit. Auf keinen Fall sollte, wie ich das früher vorgeschlagen haben, das verwendete Dilemma in den Augen der Teilnehmer dadurch abgewertet werden, dass es vom Lehrer noch während der Sitzung abgeändert wird, um ein „besseres“ Abstimmungsergebnis zu erhalten. Auch wenn die verwendeten Dilemmas bei der KMDD immer fiktiv sind, ist es wichtig, dass die Teilnehmer von dem Dilemma so gefesselt sind, als würden sie es selbst direkt miterleben. Das Gefühl ernsthafter Ergriffenheit stellt sich kaum ein, wenn das Dilemma – sozusagen vor den Augen der Teilnehmer – vom KMDD-Lehrer umkonstruiert wird. Der Lehrer oder die Lehrerin sollten für den Fall von Einstimmigkeit oder annähernder Einstimmigkeit mit dem weiteren Lernprogramm fortfahren und bei einer neuen Gelegenheit ein geändertes Dilemma einsetzen. Wenn der Lehrer versteht, wie wichtig die Authentizität der Gefühle ist, damit die Dilemmadiskussion eine fördernde Wirkung haben kann, wird er keine Enttäuschung verspüren, wenn eine Dilemmastunde über die erste Abstimmung nicht hinauskommt.

 

Die zweite wichtige Änderung, die wir seit Erscheinen der ersten Auflage vorgenommen haben, betrifft die Phase der Dilemmaklärung. Sie wurde ausgeweitet und, wie schon erwähnt, von der Entscheidungsfrage entlastet, die früher bereits mit der Präsentation des Dilemmas an die Teilnehmer gestellt wurde. In der aktuellen KMDD wird das Dilemma zunächst ohne die Frage nach der Richtigkeit oder Falschheit der vom Protagonisten getroffenen Entscheidung präsentiert. Es wird nur danach gefragt, als wie schwer man das Dilemma empfindet und worin das Dilemma liegt. Zudem werden die Teilnehmer gefragt, was dem Protagonisten ihrer Meinung nach vor seiner Entscheidung durch den Kopf gegangen sein könnte. Gewöhnlich nennen die Teilnehmer in dieser Phase eine Fülle von Dingen, die ihnen selbst für die Entscheidung relevant sind oder hätten relevant sein können. Manche, die zunächst in der dargebotenen Geschichte gar kein Dilemma sahen, entdecken erst in dieser Phase eines oder gar mehrere moralische Konflikte.

 

Die KMDD soll und darf nicht erstarren. Schließlich haben wir selbst sie durch Ergänzungen und Änderungen lernwirksamer und vielseitiger einsetzbar gemacht. Jedoch darf sie bei allen Anpassungen an neue Anwendungen ihre Ziele nicht aus den Augen verlieren und nichts an Qualität einbüßen. Wir haben die KMDD deshalb beständig der (selbstgesteuerten) experimentellen Methoden-Evaluation unterworfen und die Selbstevaluation zum integralen Bestandteil der KMDD-Ausbildung gemacht. Da es bislang – außer dem Kohlberg-Interview – keinen objektiven Test zur Messung der moralischen Urteilsfähigkeit gab (fast alle anderen Fragebogen und Tests erfassen nur moralische Orientierungen), habe ich schon vor 30 Jahren den bereits erwähnten Moralische Kompetenz-Test (MKT) entwickelt, der seither weltweit in der Grundlagenforschung und in Wirksamkeitsstudien eingesetzt wird. Näheres zum MKT finden Sie bei Lind (2019) und auf der MKT-Seite.

 

Das Wichtigste an der KMDD ist aber der Lehrer, der sie anwendet, und der KMDD-Trainer, der Lehrer in dieser Methode ausbildet. Lehrer bestätigen mir immer wieder, dass die Teilnehmer (Schüler, Studierende, Patienten, Inhaftierte usw.) viel Spaß an Dilemma-Diskussionen haben und dass die Konstanzer Methode jene ‘entspannte Wachheit' erzeugt, die Schüler zum Lernen motiviert (siehe die Beiträge in Herrmann, 2005). Sie fügen meist hinzu, dass solche Stunden sie selbst als Lehrer für den Unterricht motivieren. Dabei bestätigen sie mir auch, dass sie solche Erfolge nur haben, nachdem sie sich sehr intensiv mit der KMDD und ihren theoretischen Grundlagen auseinander gesetzt haben, wichtige Phasen der Dilemma-Diskussion sorgfältig eingeübt und sich auf jede Dilemmastunde ausreichend vorbereitet haben. Der schwierigste Teil sei es aber, Moral und Demokratie im Unterricht erfahrbar zu machen. Dafür muss die Lehrperson sich selbst an die moralischen Ideale zu halten versuchen, die sie von ihren Schülern einfordert.

 

Das KMDD-Ausbildungsprogramm, das wir entwickelt haben, hilft KMDD-Lehrerinnen und -lehrern, diese Herausforderung zu meistern. ... mehr


Änderungen der KMDD (Stand: 2019)

 

Gegenüber der Darstellung in der ersten Auflage des Lehrerhandbuchs "Moral ist lehrbar" (2003) sind ein paar kleinere, aber wichtige Änderungen vorgenommen worden, die in der neuen Auflage des Buches berücksichtigt werden. Folgende Dinge sind geändert worden:

  • Die Entscheidung der Hauptperson und das Blatt mit der schriftlichen Fixierung der Dilemmageschichte wird erst nach der Phase der Dilemmaklärung ausgegeben. Dies entlastet die Klärungsphase. Solange die Teilnehmer nicht aufgefordert wurden, die Entscheidung der Hauptperson zu bewerten, fällt es dem KMDD-Lehrer leichter, die Teilnehmer davon abzuhalten, über diese Entscheidung zu diskutieren. Dies soll ja erst nach der Abstimmung geschehen. In der Dilemmasammlung sind die neu adaptierten Dilemmas mit einem X-Zusatz gekennzeichnet.

  • Nach der Vorstellung des Dilemmas wird jetzt grundsätzlich immer (zuerst) gefragt, wie schwer dem Protagonisten (Hauptakteur) die Entscheidung vermutlich gefallen ist, und welche Überlegungen die Entscheidung schwer gemacht haben könnten ("Was ging X wohl durch den Kopf, als er/sie zögerte?"). Je nach Lernziel, das mit einer Dilemmastunde verfolgt wird, kann zusätzlich gefragt werden, wie schwer den Teilnehmern eine Entscheidung in diesem Fall gefallen wäre und warum es ihnen schwer oder leicht gefallen wäre.

  • Bis vor kurzem, empfahl ich, die Argumente der Teilnehmer während der Diskussion für und gegen die Entscheidung des Protragonisten in der Dilemma-Geschichte an der Tafel oder auf einem Laptop stichwortartig mitzuprotokollieren, damit sie in einer weitere Phase von den Teilnehmern genutzt werden konnten, um das beste Argument der Gegenseite to wählen. Aber dies erforderte immer eine Hilfskraft zum Protokollieren. Zudem verlangte es von den Teilnehmern nur, die Argumente zu lesen. Daher empfehle ich seit einiger Zeit, auf das Protokollieren zu verzichten und stattdessen, dass die Teilnehmer in Zweiergruppen sich die Argumente der Gegenseite in Erinnerung rufen sollen, damit sie diese bewerten können. Dies erfordert eine aktivere Auseinandersetzung mit Gegenargumenten. Zudem erübrigt es eine Hilfsperson, die protokolliert.

 


Ähnliche Methoden, aber mit anderen Zielen und Wirkungen

Die KMDD hat viele Elemente mit anderen Methoden gemeinsam, unterscheidet sich aber von ihnen in einigen Punkten ganz fundmental. Die verschiedenen Methoden erfüllen andere Zwecke und können dafür mit Gewinn eingesetzt. Jedoch sollten sie nicht direkt mit der KMDD kombiniert oder gar vermengt werden, da sonst die Wirkung der KMDD eingeschränkt oder ganz aufgehoben werden kann.

  • Falldiskussionen haben üblicherweise das Ziel, gelerntes Fachwissen auf konkrete Situationen anzuwenden bzw. zu prüfen, ob die Teilnehmer dieses Wissen gut beherrschen. In der Dilemmadiskussion hingegen kommt es nur wenig auf Faktenwissen an, dafür umso mehr darauf, sich auf den "moralischen Kern" des Falls zu konzentrieren, ihn zu lösen zu versuchen , und darauf, wie die Teilnehmer mit dem Dilemma und mit den anderen Teilnehmern umgehen. Wirkungen auf die Entwicklung der moralischen Urteilsfähigkeit konnten bislang nicht gefunden werden (Gommel, 2006, persönl. Mitteilung; Patry, 2005, persönl. Mitteilung).

  • Rollenspiele sollen es den Teilnehmern ermöglichen, eine typische Situation ihres Privat- oder Berufslebens aus verschiedenen Rollen (Vater, Mutter, Kind, Vorgesetzter, Kollege etc.) heraus zu sehen und sich in die verschiedenen Rollen hineinzuversetzen. Alle Rollen sind nur gespielt und sind keine konkreten Personen und werden von den Spielern auch entsprechend erlebt. Es entstehen in solchen Rollenspielen selten authentische moralische Gefühle wie in einer (semi-) realen Dilemmasituation, in der jeder ihr eigene Meinung vortragen und verteidigen müssen. Der Gewinn an moralischer Urteilsfähigkeit, der sich hierbei einstellt, ist meist nicht nachhaltig.

  • Rhetorik-Wettkämpfe haben zum Ziel, die Verbalisierungsfähigkeit der Teilnehmer zu erhöhen und in öffentlichen Rededuellen möglichst große Zustimmung der Zuhörer zu erhalten. Wahrhaftigkeit und Ernsthaftigkeit, die für die KMDD essentiell sind, spielen für Rhetorik-Wettkämpfen kaum ein Rolle. Wenn solche Wettkämpfe einen Effekt auf die Moralentwicklung haben, dann vermutlich eher einen negativen. So vermutet zum Beispiel Hearnshaw (1981), dass die Forschungsfälschungen des geadelten Psychologen Sir Cyril Burt u.a. auf dessen Ausbildung in Rhetorik in seiner Schulzeit zurück zu führen sind, durch die er seine Empfindung für wahr und unwahr eingebüßt haben könnte.
  • Dilemmas in Vorträgen über ethische Theorien und Ansätze sind meist ein Mittel, die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf ein bestimmtes Thema zu lenken, für das im Vortrag eine Experten-Lösung dargestellt wird. Solche direkten Versuche, die moralischen Einstellungen und Präferenzen der Zuhörer zu ändern, haben sich als erfolgreich herausgestellt (Penn, 1990; Schläfli et al., 1985). Allerdings führen solche "direkten" Methoden der Moralerziehung kaum zu einer Vergrößerung der moralischer Fähigkeiten, die entscheidend für das Verhalten sind.

  • Informelle Dilemmadiskussionen haben oft die Funktion, den Unterricht auf unterhaltsame Weise aufzulockern und die Teilnehmer zu Wort kommen zu lassen. Sofern der Leiter diesenr Diskussionen gegenüber den Teilnehmern eine respektvolle und gerechte Haltung einnimmt, können von ihnen ähnliche Effekte ausgehen wie von der Blatt-Kohlberg-Methode oder der Konstanzer Methode der Dilemmadiskussion. Untersuchungen hierzu gibt es m. W. jedoch keine.

  • Strategische Kommunikation (unter verschiedenen Etiketten bekannt wie "Kommunikative Kompetenz") ist die Fähigkeit, andere Menschen zu dominieren bzw. sich gegen die Dominanzbestrebungen anderer zu wehren. Es wird zum Beispiel gelehrt, "wie man seine Stimme glaubhafter wirken lassen kann", "wie man mit einfachen Gesten Vertrauen erzeugt" oder wie man "Worthülsen einsetzt" und "Gesprächspartner manipuliert" oder "ihre Manipulationen erkennt" (aus der Werbung für das Buch "Kommunikative Kompetenz" von Wolfgang J. Linker). Hier wird der Begriff Kommunkation pervertiert, da er nicht das Gemeinsame, sondern das Gegensätzliche verstärkt. Die kommunikative Kompetenz, die von der KMDD gefördert wird, stärkt die Fähigkeit, mit dem Anderen zusammen herauszufinden, wie ein Konflikt friedlich, auf der Basis gemeinsamer moralischer Ideale gelöst werden kann.

  • Ethical Decision Training (EDT) besteht aus mehreren Einheiten, in denen die Teilnehmer mehrere Dilemmageschichten lesen und dann eine kurze Fragen zu der Geschichte beantworten müssen. In der Studie von Arimond (2012) waren dies sechs Einheiten mit jeweils drei Dilemmageschichten, für denen die Teilnehmer ca. 30 Minuten Bearbeitungszeit hatten. Die Intervention zur Dopingprävention bei jungen Sportlern zeigte keinerlei Wirkung auf die moralische Urteilsfähigkeit (C-Wert) in der Experimentalgruppe. Der Mittelwert nahm im Durchschnitt sogar leicht ab. Es zeigten sich auch kaum Wirkungen auf die Einstellung zu Doping.

 

Häufig gestellte Fragen zur KMDD (Stand: 6.5.2010)

  • Wir lassen Schüler immer schon diskutieren. Das ist nichts Neues.
    • Rückfrage: Haben Sie untersucht, ob das die Moralkompetenz der Teilnehmer fördert?

  • Der Kohlberg-Ansatz ist doch umstritten; Gilligan hat doch nachgewiesen... usw
    • Die KMDD beruht nicht auf Kohlbergs Theorie, sondern auch einer neuen Theorie des moralischen Verhaltens (Lind 2019). Was diese mit Kohlbergs Theorie verbindet, ist hauptsächlich die Erkenntnis, dass Moral auch eine Fähigkeit ist und nicht nur eine Einstellung oder eine Werthaltung.
    • Ich schätze sehr Kohlbergs Definition der moralischen Urteilsfähigkeit. Seine Stufentheorie mit ihren Postulaten (invariante Sequenz, strukturelle Ganzheit) sehe ich jedoch als empirisch widerlegt an.
    • Männer und Frauen unterscheiden sich nicht hinsichtlich ihrer Moralkompetenz. Gilligans These ist insofern gegenstandlos.
    • Die KMDD unterscheidet sich in wichtigen Punkten von Kohlbergs Dilemma-Methode: https://www.uni-konstanz.de/ag-moral/moral/kmdd/Lind-2006_comparison_KMDD_Blatt.htm

  • Moralische Entscheidungen basieren allein auf Bauchgefühlen und Emotionen, sind aber nicht kognitiv und rational
    • Ja, ich nehme auch an, a) dass schnelle Entscheidungen im Alltag gefühlsmäßig erlebt werden, b) dass diese Gefühlejedoch kognitiver Natur, wenn auch weitgehend unbewusst sind, und c) dass sie der bewussten Selbstwahrnehmung und Reflexion kurzfristig vorausgehen, und d) dass moralische Reflexion aber langfristig über Lernprozesse auch die moralischen Gefühle beeinflussen können -- sonst wäre moralische Bildung mittel der KMDD nicht so effektiv.
    • Im Rahmen der "cognitive science", dem ich mich verpflichtet fühle, haben auch Emotionen und Bauchgefühle eine kognitive Basis. Im Gegensatz zum Alltagsverständnis, wird in der Wissenschaft auch die Steuerung von unbewussten, "gefühlsmäßigen" Verhaltensweisen als Kognition bezeichnet. Im Alltag hingegen wird unter kognitiv meist nur das bewusste Begriffswissen verstanden, das aber nur die "Spitze des (kognitiven) Eisbergs" ist.
    • Ich gehe wie Piaget davon aus, dass Emotionen und Kognitionen keine Dinge sind, die sich trennen lassen, wie unsere Sprache (Hauptworte) das suggeriert; sondern vielmehr nur verschiedene Seiten derselben Medaille sind: sie sind zwei verschiedene Aspekte desselben Verhaltens (-> Zwei-Aspekte-Theorie). Man dürfte diese Begriffe also eigentlich nur adjektivisch verwenden.

  • Ich habe schon einmal eine Dilemmadiskussion ausprobiert, aber sie hat wenig gebracht. Die Schüler haben kaum darüber diskutieren wollen.
    • Rückfrage: Haben Sie eine Ausbildung in der KMDD? Ein zertifizierter KMDD-Lehrer weiß, wie er das Dilemma formulieren und die Stunde angelegen muss, damit eine engagierte Diskussion aufkommt und die Schüler kaum noch aufhören wollen zu diskutieren.

  • Ich habe ein Dilemma von Lind kopiert und meinen Schülern vorgelegt, aber dann ist reines Chaos entstanden. Es wurde sehr laut und alle redeten durcheinander.
    • Auch das passiert in einer gut gemachten KMDD-Stunde nie. Ein KMDD-Lehrer weiß mit den Emotionen der Teilnehmer so umzugehen, dass ein produktiver Dialog entsteht und kein Durcheinander.

  • Mein Chef (meine Institution) ist nicht für Diskussion und Demokratie. Ich bekäme Probleme, wenn ich so etwas machen würde.
    • Die KMDD ist etwas Neues. Alles Neue verunsichert Menschen und macht manchmal sogar Angst. Wichtig sind daher vertrauensbildende Maßnahmen von Anfang an. Keine Geheimniskrämerei! Laden Sie Ihren Chef (ihre Kollegen) ein, gleich beim ersten oder zweiten Mal als Gast teilzunehmen. Geben Sie ihm aber eine Beobachtungsaufgabe, was in der Regel ein konstruktiven Nachgespräch begünstigt.

  • Wenn Eltern das mitbekommen, werden sie sich bestimmt beschweren, dass in der Schule zu wenig gelernt und zu viel diskutiert wird.
    • Ich führe seit Mitte der 1990er Jahre Dilemmadiskussion durch und noch nie hat sich ein Elternteil darüber beschwert. Im Gegenteil, es gab immer wieder positive, zustimmende Rückmeldungen von Eltern. Sie haben sogar schon verlangt, dass ich so etwas auch einmal für sie mache -- was ich auch ein paar mal getan habe.
    • Auch hier ist Transparenz und Vorbeugung wichtig. In der Schlussphase der Dilemmadiskussion werden die Teilnehmer eingeladen, die Stunde zu reflektieren und zu bewerten. Das hat u.a. die Funktion, dass sie sich die guten Seiten der KMDD bewusst machen (ohne dass der Lehrer hier eingreift!), bevor sie nach Hause gehen und ihren Eltern erzählen, was sie erlebt haben.

  • Bei 12-jährigen sind solche Diskussionen noch zu früh. Sie wissen doch noch gar nicht genug über Demokratie u.ä.m. Das kann man erst in der Oberstufe machen.
    • Die KMDD kann bereits mit großem Gewinn ab Ende der zweiten Grundschulklasse einsetzen werden.
    • Ja, wir brauchen oft viel Wissen, um eine gute Entscheidung zu treffen. Aber es wäre fatal anzunehmen, dass wir mit der Entwicklung unserer moralischen Kompetenz warten sollten, bis wir ein hinreichend großes Fachwissen erworben haben. Wir sind auch oft schon in jungen Jahren  gezwungen, moralische Entscheidungen treffen, ohne dass wir die Bedingungen und Folgen unserer Entscheidung genau kennen. Oft sind diese so verborgen, dass auch Experten sie nicht vollständig überschauen können.
    • Fakten erhalten oft erst durch ihre moralische Relevanz eine Bedeutung für uns.
    • Moralische Bildung vom akademischen Wissensstand abhängig zu machen, wäre ein elitärer Standpunkt, der sich nicht mit unserer demokratischen Verfassung verträgt.

  • Wenn ein Schüler in einer Diskussion eine falsche Meinung wiedergibt, muss man als Lehrer sofort eingreifen.
    • In DT/KMDD wird, Regel #1, den Schülern zugesichert, dass Meinungsfreiheit herrscht und sie in der Diskussion jede Meinung vertreten dürfen. Ein Eingriff des Lehrers würde einen Bruch dieser Abmachung bedeuten und ein schlechtes moralisches Vorbild sein. Der Eingriff würde den Schülern signalisieren, dass moralische Regeln keine Allgemeinverbindlichkeit haben, sondern dass jeder, der Macht besitzt, eine moralische Regel brechen darf.
    • Der Lehrer/Direktor muss aber sofort eingreifen, wenn eine Regel übertreten wird. In DT/ KMDD wird auch die Regel ausgegeben, dass sich die Diskussion nur auf die Sache richten soll, dass also kein Mensch im Raum oder außerhalb des Raumes bewertet werden darf, weder positiv noch negativ. Es reicht aber immer, die Teilnehmer an diese Regel zu erinnern. Zurechtweisungen und Strafen sind unnötig.

  • Was macht man als Lehrer, wenn bei der Abstimmung alle einer Meinung sind oder auf der einen Seite nur ganz wenige sind? Kann ich dann einigen Teilnehmern sagen, sie sollen sich in die andere Seite versetzen und deren Standpunkt vertreten?
    • Die Lernwirksamkeit von DT/KMDD hängt ganz entscheidend davon ab, dass die Teilnehmer sich für ihre Meinung engagieren und ihre moralischen Gefühle echt und ihre Beiträge zur Diskussion authentisch sind. Das Simulieren von Standpunkten erlaubt keine Ausbildung moralischer Gefühle.
    • Die KMDD-Stunde darf nicht so angekündigt werden ("Heute ist Dilemmadiskussion dran..."), dass die Teilnehmer den Eindruck gewinnen, man muss über etwas diskutieren, weil es im Lehrplan steht oder dem Lehrer für die Stunde nichts besseres eingefallen ist. Der Lehrer sollte immer bereit sein, zu dem nächsten Unterrichtsthema überzugehen, wenn die Dilemmageschichte nicht als Dilemma erlebt und kontrovers abgestimmt wird.

  • Was soll ich als Lehrer machen, wenn die Schüler das Dilemma gar nicht verstehen, das ich ihnen vortrage?
    • Ein Dilemma liegt immer im Auge des Betrachters. Die KMDD sieht daher am Anfang der Stunde eine lange Phase der Dilemmaklärung vor, in der alle sagen dürfen, ob sie ein Dilemma wahrnehmen und wie sie das Dilemma wahrnehmen. Ein objektives Dilemma außerhalb unserer Köpfe gibt es nicht.

  • Was soll ich als Lehrer machen, wenn ich dringend eine Dilemmadiskussion durchführen muss, aber die Schüler nicht richtig mitziehen?
    • Die Schüler müssen selbst Lust zu einer Dilemmadiskussion haben und dürfen nicht das Gefühl bekommen, sie müssen das machen, um dem Lehrer oder der Schule einen Gefallen zu tun. Druck mindert den Lernerfolg.

  • Kann man die Dilemmadiskussion auch auf 45 Minuten reduzieren? Ich habe die Schüler immer nur eine Stunde.
    • Ich habe das verschiedentlich probiert und keine guten Erfahrungen damit gemacht. Man kann sich einfach auf die ersten Phasen bis zur ersten Abstimmung beschränken, wenn die Zeit nicht reicht, oder die Teilnehmer nicht kontrovers abstimmen.
    • Aber 45 Minuten lassen den Teilnehmern einfach zu wenig Zeit um Abwägen und Diskutieren. Den Schülern fehlt dann die Zeit zum Nachdenken, ohne die aber kein wirkliches Lernen möglich ist.
    • Lehrer können durch Stundentausch mit Kollegen erreichen, dass sie die Klasse auch einmal 2-stündig haben. Zudem gehen immer mehr Schulen dazu über, den Unterricht in Doppelstunden abzuhalten, oder die starre Stunden-Struktur ganz abzuschaffen.

  • Ich habe gesehen, dass auch andere Hochschulen Kurse anbieten, in denen u.a. die Konstanzer Methode der Dilemma-Diskussion gelehrt wird. Wird dort dasselbe gemacht?
    • Die KMDD ist als Marke geschützt. Wenn andere Institutionen damit werben, ohne dass sie dafür Lehrkräfte mit einer KMDD-Trainer-Lizenz beschäftigen, machen sie sich strafbar.
    • Lizenzierte KMDD-Lehrer sind auf dieser Webseite zu finden: https://www.uni-konstanz.de/ag-moral/moral/kmdd_lehrer.htm . Momentan bietet nur ich eine Ausbildung zum KMDD-Lehrer an.
    • Nähere Informationen über die KMDD-Lehrer-Ausbildung findet man hier.

  • Soll man, wie Kohlberg und andere empfehlen, die Argumente der Schüler nach dem Stufenmodell von Kohlberg einstufen?
    • Eine solche Einstufung der Diskussionsbeiträge erscheint mir aus zwei Gründen problematisch:
      - Die Datenbasis, die zur Verfügung steht, ist m. E. zu gering, um eine valide Einstufung vorzunehmen. Man muss als Einstufer sehr viel interpretieren, was mit großen Unsicherheiten verbunden ist. Um die Argumente der Teilnehmer einigermaßen richtig interpretieren zu können, müsste man den Kontext der Diskussion eingeziehen und den Sprecher evtl. befragen können. Man sollte auch bedenken, dass die Einstufung nach Kohlberg auf Material aus einem ca. einstündigen Interview beruht und die Einstufer einen mehrtägigen Workshop absolvieren müssen, bevor sie zu einem halbwegs sicheren Urteil gelangen können. Selbst dann bleiben viele Einstufungen umstritten. Bei der Konstruktion des MKT haben wir mehrere Monate darauf verwendet, die Argumente mit Hilfe von mehreren Kohlberg-Experten "stufen-gerecht" zu machen.
      - Ich empfehle, auch aus pädagogischen Gründen keine Einstufung der Beiträge zu einer Dilemmadiskussion vorzunehmen.  Auch wenn eine Einstufung technisch gelingen könnte, bleibt die Frage, ob es pädagogisch sinnvoll ist, die Argumente einer Dilemmadiskussion nachträglich einzustufen. Kohlberg & Co hatten das zwar empfohlen, es selbst aber selten praktiziert, wie ich aus direkter Anschauung weiß. Ich halte die nachträgliche Begutachtung der Argumente auch für kontraproduktiv. Wenn die Teilnehmer befürchten müssen, dass ihre Beiträge (nachträglich) begutachtet werden, werden sie sich weniger frei fühlen, zu sagen was sie denken.  Der freie Diskurs aber ist ein ganz zentrales Merkmal der KMDD und ist für deren Wirksamkeit unabdingbar.
    • Daher dürfen DT/KMDD Teilnehmer auch nicht benotet werden.

 

 

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